Jede kulturelle Entwicklung hat ihren Ausgangspunkt in der Natur, bewältigt und überformt diese. Jeder Eingriff in die Natur wirkt über kurz oder lang auf den kulturellen Raum zurück. Der Mensch ist keine dritte Instanz; er agiert aus der Natur als einem nie vollständig kontrollierbaren Ganzen. Dennoch hat er sich als 'animal symbolium' die Natur zum Zwecke des Überlebens unterworfen, so dass Natur und Kultur zusammenrücken, künstliche Umwelten naturalisiert erscheinen.
Auch wenn der Unterwerfungsmodus eine lange Tradition hat, die bis in die Antike zurückreicht, kannte das Mittelalter Mensch, Natur und Kultur als Zeugnis göttlicher Allmacht. Die Natur wurde als mitschöpfende Instanz verstanden. Christliche, naturmagische und mythologische Vorstellungen standen nebeneinander, bis das metaphysische Naturverständnis hinter eine wissenschaftliche Neuperspektivierungen zurücktrat. Die literaturwissenschaftlichen Beiträge des Sammelbandes, die sich an rezenten Ansätzen der Tier- und Umweltforschung orientieren, zielen auf die Interferenzen zwischen Gott, Natur, Mensch, Tier, Pflanze und Kultur, um brisante Wechselwirkungen synchron, aber auch diachron aufzuzeigen.