Seit dem 19. Jahrhundert bildete die ethnisch-kulturelle Nationsbildung einen der wichtigsten gesellschaftlichen und kulturellen Prozesse in Mitteleuropa. Er wurde jedoch begleitet von zahlreichen Varianten ethnischer und regionaler Bewegungen und Gruppenbildungen - wie die kaschubische -, die nicht zur Formierung einer modernen Nation führten, gleichwohl aber die "Normalität" der kollektiven Identitätsentwürfe repräsentieren. In der gleichen Epoche gibt es in Europa eine neue Phase der Bildung und Umbildung von regionalen Strukturen auf verschiedenen Ebenen.
Diese Monografie verbindet beide Perspektiven und fragt danach, wie sich Regionen als Identifikationsebenen formierten. Da "Region" grundsätzlich immer als funktionaler Teil eines breiteren Zusammenhangs definierbar ist, aber ihre Rolle und ihre Kontexte einem historischen Wandel unterliegen, wird in der Studie die Regionalitätskategorie als historische Variable eingeführt und erprobt. Die kaschubische Bewegung propagierte eine Gemeinschaft, in der mehrfache Formen breiterer Zugehörigkeit der Kaschuben zwischen Region und Ethnizität möglich waren.
Die Kaschubei wurde somit regionalisiert und die Regionalität zu einer Grundform des Denkens darüber, wer die Kaschuben sind. Doch in welchen Rahmen haben die Repräsentanten der kaschubischen Bewegung das Land und die Kultur verortet? Und wie wurde das kaschubische Vaterland weiter nach "innen" in diverse Regionen differenziert? Ähnlich wie nationale Bewegungen war auch die kaschubische patriotische Agitation stark vom Historismus geprägt. Die Monografie untersucht, wie die erst entstehende kaschubische Erinnerungskultur die Regionalisierungsprozesse begleitet hat. Die kaschubische Entwicklung dient dabei als ein Modellfall von modernen Regionalitäten in Europa.