Daß die modeme Physik etwas anderes ist als die ,,klassische", gehört zu den Grundüberzeugungen unseres Jahrhunderts. Sie hat sich in eigenartiger Weise immer stärker zur hochgezüchteten Spezialwissenschaft entwickelt - kein Laie, aber auch kaum ein "Gebildeter", kann mehr ohne weiteres der Theorienbildung von heute folgen -; sie ist aber andererseits zu einem Faktor unseres Lebens geworden, der uns zwingt, wirtschaft· liche, politische, kulturelle Entscheidungen an dem zu messen, was uns die Kenntnis der Atome, der Strahlungen, der Raketenantriebe oder Regelsysteme usw. beschert hat. ,,Die Physik macht heute Geschichte" (A. Unsöld), und sie macht Geschichte vielleicht in einem größeren Maße, als es früher Staatsmänner, Feldherren oder Wirtschaftslenker taten. Physik ist in einem Sinne unbegreiflich geworden. In einem anderen Sinne aber hat sie die Wirklichkeit zu beschreiben, die durch den Ausdruck "physis" für unser Sprechen als "Natur" benannt ist. Heißt, wenn die Physik unbegreiflich zu werden beginnt, daß die Natur selber sich unserem Verständnis allmählich entzieht; jene Natur, die wir doch alle zu kennen meinen und die uns umgibt, auch wenn wir sie technisch umzuformen versuchen; die der Boden unserer Existenz bleibt und von der wir unmittelbares Erleben erwarten, wenn wir ,,hinaus ins weite Land" ziehen? Oder heißt es, daß die Physiker mit ihren Gedankengebäuden sich von der Natur so weit entfernt haben, daß sie gar nicht mehr die physis erreichen, die ihnen als Thema aufgegeben ist? Dieser Verdacht dürfte allerdings nicht als Einzelvorwurf geäußert werden.