Die ältesten Konstanzer Baugerichtsprotokolle enthalten eine Serie von rund 190 durch das Konstanzer Siebenergericht gefällten Urteilssprüchen aus den Jahren 1452-70. Gegenstand der Sprüche sind überwiegend Nachbarschaftsstreitigkeiten, die um unerwünschte Abfallbeseitigung, strittige Grenzverläufe oder lästige An- und Umbauten von Fenstern, Latrinen oder Mauern kreisen. Aktiv wurde das Konstanzer Baugericht im Durchschnitt zehnmal pro Jahr, eine Häufigkeit, die auf Anhieb eher unbedeutend erscheint. Doch gewähren uns die Sprüche des Konstanzer Siebenergerichts überaus wertvollen und in mancherlei Hinsicht einzigartigen Einblick in das soziale Mit- und Gegeneinander einer spätmittelalterlichen Stadtgesellschaft. Vergleichbares, in sich geschlossenes Quellenmaterial ist nördlich der Alpen sonst nirgendwo nachzuweisen, was die Konstanzer Baugerichtsakten nicht nur für die Geschichtswissenschaft, sondern auch für die Mittelalterarchäologie und die historische Bauforschung zu einer instruktiven Quelle macht.