Inhaltsangabe:Einleitung:Es lag nicht in der ursprünglichen Intention dieser Untersuchung, originell sein zu wollen. Aufgabe und Ziel der Untersuchung waren klar definiert: primär sollte das Wasser in den Epen Eilharts und Gottfrieds in seinen erzählerischen Bezügen dargestellt werden, nicht mehr, aber auch - in Anbetracht der gesamten Textquantität von über fünfundzwanzigtausend Versen - nicht weniger. Ein erster Arbeitsschritt führte dann zu Fragen, die erst einmal von der unmittelbaren Themenstellung hinwegführten. Ihre Beantwortung sollte den weiteren Fortgang der Untersuchung mit bestimmen.Geklärt werden mußte zunächst, welche Bedeutung dem Wasser im allgemeinen und insbesondere in den in Rede stehenden mittelhochdeutschen Epen zukommen würde, ob es eine Bedeutung jenseits des rein episch Elementar-Dinglichen hätte. Wegweisend war hier der Aufsatz Martin Nincks, der das Wasser als zentrales symbolisches Element des antikischen Seelenglaubens beschrieb, demzufolge der Auszug der Seelen durch das Wasser und mit ihm korrespondierender Motive, wie zum Beispiel dem steuer- und orientierungslosen Schiff, angezeigt wurde. Mit diesem Glauben ging die Vorstellung einher, daß sich die Seele aus der Begrenztheit des Körpers befreien würde und im freien und ungehinderten Flug jenseitige Sphären aufsuchen würde.Die Kongruenz der antikischen Motivik mit der Wasser-Motivik in den Epen Eilharts und Gottfrieds - so der Schiffsmotivik beider Irlandfahrten oder der Quelle im Baumgarten - war evident. Es stellte sich die Frage, ob sich der antikische Sachverhalt - der Seelenglaube und die Motivik, in der er sich symbolisiert -, auch für das Mittelalter nachweisen lasse, ob wir es in den in Rede stehenden Epen mit der Konstanz und also literarischen Widerspiegelung einer uralten Glaubensform zu tun hätten. Dabei mußte zunächst geklärt werden, welche Bedeutung der Allegorie in den mittelhochdeutschen Epen zukommt. Würde es sich herausstellen, daß sie dort keine Bedeutung hätte, dann wäre jeder weitere Gedanke an eine Mehr-Bedeutung des Wassers im Kontext einer bestimmbaren stofflichen Tradition in den Epen Eilharts und Gottfrieds pure Spekulation und mithin müßig.Ausgehend von der im Buchstabensinne bahnbrechenden Antrittsvorlesung Friedrich Ohlys im Jahre 1958, der die Lehre vom mehrfachen Schriftsinn als von den frühen Kirchenvätern an überkommen konstituierendes bibelexegetisches Verfahren für das Mittelalter festgestellt hatte, wurde die Frage nach dem [?]