Es gibt wenige therapeutische Schriften, fUr die man mit derart geringen Vorbehalten eine Ubersetzung ins Deutsche empfehlen kann, wie es bei "Ver haltenstherapie in der Psychiatrie" der Fall ist. Dieses Biichlein erscheint fast genau 10 Jahre nach dem Zeitpunkt, als sich die Verhaltenstherapie in der deutschen Psychiatrie in Vortragen und Forschung zurn ersten Male regte. Dies ware also ein geeigneter Zeitpunkt, urn sich die Frage zu stellen, wie sich denn die beiden Disziplinen zueinander verhalten. Die Betonung der Beziehung zwischen Verhaltenstherapie und Psychiatrie "zueinander" spricht schon aus, daB man von einer Integration der beiden Disziplinen, so notwendig dies auch ware, noch nicht reden kann. Dies gilt fUr die USA genauso wie fUr Deutschland. Die Verhaltenstherapie entwickelte sich in den Vereinigten Staaten nicht innerhalb der Psychiatrie, die mehr oder weniger psychotherapeutisch und, was wesentIicher ist, nicht-experimentell orientiert war. Ihre Entwicklung wurde betrieben von Experimentalpsychologen (Lernpsychologen, Sozial psychologen, Psychophysiologen, Tierforschern) und klinischen Psycho logen. Die letzteren waren zwar ebenfalls psychotherapeutisch, d. h. vorziig Iich psychoanalytisch orientiert, doch entschied wohl der aus der Gestalt psychologie bekannte Faktor des "gemeinsamen Schicksals" (Ausbildung, Ausiibung, Organisationsformen), daB die Verhaltenstherapie in jedweder Anwendung, einschlieBIich der psychiatrischen, zur Domane der Psycho logen wurde. Natiirlich gibt es hervorragende Psychiater als Verhaltensthera peuten, aber dies andert nichts daran, daB die amerikanische Psychiatrie die experimental-therapeutischen Entwicklungen erstaunlich lange ignoriert hat.