Einleitung Stephan Bröchler und Julia von Blumenthal In der öffentlichen wie in der politikwissenschaftlichen Bewertung wird die Rolle der Parlamente im politischen Prozess skeptisch eingeschätzt. Angesichts von Europäisierung, dem Wandel des Regierens und der Inkompatibilität mit den Bedingungen der Mediengesellschaft wird ihnen eine zentrale Rolle kaum mehr zugetraut. Dass Parlamente handlungsfähig sind, stellt jedoch eine zentrale - forderung für die Funktionsfähigkeit von Demokratien dar. Denn unabhängig davon, ob das Parlament als der Gesetzgeber oder als Mit-Gesetzgeber e- geschätzt wird, kommt der Legislative eine entscheidende Bedeutung für die Bearbeitung öffentlicher Probleme und die Legitimation politischer Entsch- dungen zu. Der vorliegende Band greift einen wichtigen Aspekt der Debatte über die Handlungsfähigkeit des Parlaments auf: die Frage der Fähigkeit zu erfolgreichen Parlamentsreformen. Denn die Bewertung der künftigen Rolle eines Parlaments hängt wesentlich davon ab, wie man seine Chancen einschätzt, effektiv den H- ausforderungen zu begegnen. Der Blick auf die politikwissenschaftliche Debatte zeigt, dass die Fähigkeit eines Parlaments, die Bedingungen seiner Funktions- füllung und Aufgabenwahrnehmung zu verbessern, grosso modo kritisch ein- schätzt wird. Jenseits einer populistischen Parlamentarismuskritik wird eine deutliche Diskrepanz einerseits zwischen den intendierten hochgesteckten Zielen von Parlamentsreformen, wie Erhöhung der Gestaltungsfähigkeit, bessere Tra- parenz und gesellschaftliche Kommunikation, sowie andererseits den mageren Erfolgen der eingeleiteten Reformen diagnostiziert.
Solange es Parlamente und Kritik an ihrer Arbeitsweise gibt, werden auch Reformen des Parlaments immer wieder zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen, parlamentarischer Beratungen und wissenschaftlicher Analysen gemacht. Politikwissenschaftliche Forschungsergebnisse diagnostizieren ein Auseinanderklaffen zwischen den intendierten hochgesteckten Zielen von Parlamentsreformen, wie Erhöhung der Gestaltungsfähigkeit, bessere Transparenz und gesellschaftliche Kommunikation einerseits sowie andererseits den Resultaten der eingeleiteten Reformen. Die Beiträge dieses Bandes untersuchen teils aus theoretischer, teils aus empirischer Perspektive, welchen Restriktionen Reformen der parlamentarischen Arbeitsweise unterliegen und unter welchen Bedingungen sie erfolgreich sein können. Dabei werden nicht nur tiefgreifende Veränderungen der formalen Rahmenbedingungen, sondern auch der Wandel der alltäglichen parlamentarischen Arbeitspraxis in den Blick genommen. Die Analysen beschäftigen sich u.a. mit den Parlamenten in Deutschland, Italien und der Schweiz.